EBI? EBI! EBI?

Seit dem 20. Feb. 2019 läuft eine Europäische Bürgerinitiative (EBI) mit dem Titel

Let’s demand smarter vaping regulation! (Lassen Sie uns eine intelligentere Vaping-Regulierung fordern!)

Eine EBI könnte man vereinfacht auch „EU-Petition“ nennen. Es handelt sich dabei um eine im Vertrag von Lissabon festgelegte Möglichkeit der politischen Teilhabe auf EU-Ebene. Um eine EBI zu starten, müssen mindestens sieben EU-Bürger aus mindestens sieben Mitgliedsstaaten der EU die EBI registrieren. Ab dem Zeitpunkt der Registrierung (sobald also die Anmeldung der EBI von der EU-Kommission akzeptiert wurde) bleibt genau ein Jahr Zeit, um mindestens eine Million Unterstützungen zu sammeln.

Ist die EBI erfolgreich (also sind mindestens 1 Mio. Unterstützungsbekundungen zusammengekommen, wobei es Zeichnungen aus mindestens sieben EU-Mitgliedsstaaten geben muss, die in diesen Ländern auch noch festgelegte Mindestwerte erreichen), prüft die Kommission die Initiative, hört Vertreter der Initiative an (diese bekommen auch die Möglichkeit einer öffentlichen Anhörung im EU-Parlament) und entscheidet dann, ob und welche Maßnahmen sie aufgrund der Initiative vorschlagen. Die Entscheidung wird öffentlich zugänglich gemacht und begründet. Sollte der Initiative zugestimmt werden, geht diese in den EU-Gesetzgebungsprozess.

Das sind also eine Menge Hürden, die Überwunden werden müssen… wie hoch diese liegen, können diejenigen einschätzen, die sich noch an die EFVI aus dem Jahr 2014 erinnern. Das war die erste EBI zum Thema E-Dampfen, die leider schon an der Hürde gescheitert ist, eine Million Zeichnungen zu sammeln (es kamen nicht einmal 200.000 Unterstützungen zusammen, obwohl die Initiative, insbesondere auch in der internationalen Dampferszene, heftig beworben wurde).

Ich bin vor einer Woche über die Mitteilung der Registrierung der neuen EBI gestolpert. Leider konnte man erst seit heute (20.02.) den Text der EBI im amtlichen Register lesen.

Auf den ersten Blick klingt das echt super!

Gegenstand:

We call on the EU Commission to repeal Article 20 of Directive 2014/40/EU and create bespoke legislation which clearly sets vaping products apart from tobacco & pharmaceutical products.

Wir fordern die EU-Kommission auf, Artikel 20 der Richtlinie 2014/40/EG aufzuheben und maßgeschneiderte Rechtsvorschriften zu schaffen, die die Vaping-Produkte klar von Tabak und pharmazeutischen Produkten unterscheiden.

Genau DAS wurde seinerzeit, als die TPD2 auf den Weg gebracht wurde, von verschiedenen Seiten auch schon gefordert: Die Regulierung sollte RAUS aus der Tabakprodukteregulierung.

Geklappt hat das, wie wir wissen, leider nicht… damals fand der VdeH das gut und hatte schon beim Trilog versucht, durch heimliche Beeinflussung (nicht alleine, das muss man erwähnen), eine Änderung an der Dampfer-Regulierung zu verhindern. Fadenscheiniges Argument war, als es aufflog, dass das E-Dampfen, wenn es denn nicht in die TPD2 käme, höchstwahrscheinlich ganz schlimm reguliert werden würde… vielleicht gar faktisch „verboten“.

Also den Punkt der EBI könnte man schon ganz klar unterschreiben.

Weitere Info zur EBI:

Wichtigste Ziele:

Remove Article 20 of Directive 2014/40/EU and replace with bespoke scientific, evidence-based legislation in line with the functioning of the internal market that distinguishes vaping products from tobacco & pharmaceutical products; Ensure new legislation based on mandatory compliance with robust product quality, safety & manufacturing standards, together with responsible marketing practices that ensure youth protection; Vaping policy should foster innovation and ensure smokers and vapers have clear information and access to tobacco-free less harmful alternatives.

Streichung von Artikel 20 der Richtlinie 2014/40/EG und Ersetzung durch maßgeschneiderte wissenschaftliche, evidenzbasierte Rechtsvorschriften im Einklang mit dem Funktionieren des Binnenmarktes, die E-Dampf-Produkte von Tabak- und pharmazeutischen Produkten unterscheiden; Gewährleistung neuer Rechtsvorschriften auf der Grundlage der verbindlichen Einhaltung solider Produktqualitäts-, Sicherheits- und Herstellungsstandards, sowie verantwortungsvoller Vermarktungspraktiken, die den Jugendschutz gewährleisten; E-Dampf-Politik sollte Innovationen fördern und sicherstellen, dass Raucher und E-Dampfer klare Informationen und Zugang zu tabakfreien, weniger schädlichen Alternativen haben.

Auch das sind Forderungen, die man locker unterstützen und dementsprechend mitzeichnen kann.

Schaut man nun, wer die Initiatoren sind, stellt man fest:

Vertreter: Dustin DAHLMANN – ********@bftg.org
Stellvertreter: Mose GIACOMELLO – ****@vapitaly.com
Weitere Mitglieder: Vincent Jean-Marie DURIEUX, Valerio FORCONI, Antonin BERDYCH, Michael Joseph KENNEALLY, Timothy Russel BYRNE

Puuuh, das war die Stelle, wo ich gezuckt habe. Vertreter: Dustin D. vom BfTG. Nun weiß ja wohl jeder, dass ich wahrlich kein Fan dieses Bündnisses und dieses Akteurs bin. Die Interessenlage des Bündnisses ist in vielen Bereichen diametral zu den Interessen der Konsumenten. Klar, eine neue Regulierung würde wieder nur Handel, Hersteller, also Wirtschaftsteilnehmer unmittelbar betreffen, aber MITTELBAR sind natürlich auch wir Konsumenten betroffen. Und wenn nur Wirtschaftsteilnehmer unterzeichnen würden, wäre es wohl eher schwierig, die Million zu erreichen… 😉 😀

Sie wollen also auch UNSERE Stimmen, also die der Konsumenten, die sicherlich in etlichen Bereichen andere Interessen haben.

Aber grundsätzlich würde ich meine Vorbehalte für den guten Zweck beiseite schieben und die EBI unterstützen und auch dafür werben. Eine gute Sache sollte man nicht deshalb meiden oder behindern, weil man persönliche Vorbehalte gegen denjenigen hat, der die Sache ins Rollen gebracht hat.

Allerdings habe ich den Text mit dem Wissen, von wo die Initiative ausgeht, nochmal genauer gelesen… und mir ist dann an einigen Punkten nicht wohl: „Gewährleistung neuer Rechtsvorschriften auf der Grundlage der verbindlichen Einhaltung solider Produktqualitäts-, Sicherheits- und Herstellungsstandards, sowie verantwortungsvoller Vermarktungspraktiken…“

Nun tut sich das Bündnis ja in letzter Zeit vor allem dadurch hervor, dass es intensive Lobbyarbeit praktiziert. Und das natürlich nur unter dem Gesichtspunkt, ihre ureigensten Interessen (die sich, wie gesagt, von den Interessen von uns Konsumenten teilweise erheblich unterscheiden) durchzusetzen. Bei Schnittmengen mit den Interessen der konsumierenden E-Dampfer ist das ja auch prima (z.B. „E-Dampf-Politik sollte Innovationen fördern und sicherstellen, dass Raucher und E-Dampfer klare Informationen und Zugang zu tabakfreien, weniger schädlichen Alternativen haben.“), aber in anderen Punkten gibt es diese Schnittmengen eben nicht und der Einfluss könnte zum Nachteil der Konsumenten gereichen.

Aber trotz dieser Überlegungen war ich immer noch geneigt, die EBI zu zeichnen und zu bewerben, damit sie erfolgreich ist. Schließlich läuft sie jetzt noch ein Jahr… und falls (ich habe so meine Zweifel, aber die Hoffnung stirbt zuletzt) sie erfolgreich verläuft, würde es noch zwei, drei Jahre dauern, bis daraus eine neue Richtlinie entsteht. Also genügend Zeit, sich Strategien zu überlegen, dem Bündnis nicht alleine das Feld zu überlassen, sondern auch Konsumentenverbände in den Prozess mit einzubinden.

…war ich immer noch geneigt…“ Na, was gemerkt? Genau… das ist die Vergangenheitsform. Und das hat einen guten Grund: Es stehen im Register noch weitere Informationen… etwas weiter unten.

Und genau hier kommt der Kracher, der für mich ein absolutes No-Go ist:

Quellen zur Unterstützung und Finanzierung:

Letzte Aktualisierung: 20/12/2018

Sponsor Datum Betrag in Euro
Imperial Brands Brussels Office 08/10/2018 10.000

Heilige Scheiße! Imperial Brands (vormals Imperial Tobacco) ist Sponsor! Das viertgrößte Tabakunternehmen der Welt, das sein Geld durch krebserregende und abhängig machende Tabakprodukte generiert, steckt mit einer fünfstelligen Summe drin (für die sind das nicht einmal Peanuts, aber für eine Bürgerinitiative ist das schon ein nettes Sümmchen).

Sind die Initiatoren denn von allen guten Geistern verlassen? Das ist doch genau DAS, was die Gegner des Dampfens sehen wollen. Es wird doch selbst heute noch von der gegnerischen Seite behauptet (angefangen hat das schon zu „Monikas“ dkfz.–Zeiten), hinter dem E-Dampfen würde doch nur die Tabakindustrie stecken (was Bullshit ist). Toll… und BfTG und Konsorten liefern jetzt auf europäischer Ebene diesen Fanatikern den vermeintlichen Beweis, dass es ja wohl wirklich so sei.

Das ist eine echte Katastrophe! Und die Scheiße kriegen wir auch nie mehr aus der Welt! Das ist jetzt in Felsen gemeißelt.

Wie abgrundtief dämlich muss man eigentlich sein, so einen Korken zu schießen? Fehlt es den Initiatoren echt derart an Kapazität? Big-T als Sponsor einer EBI, die eine gesonderte Regulierung des E-Dampfens erreichen will… dazu fällt mir nichts mehr ein.

Und nun soll keiner mit dem Argument kommen, Imperial Brands habe doch selbst Interesse am E-Dampfen…

Neee, haben sie nicht… die haben da irgendwelche Stifte mit „blu“ vornedran im Programm… derzeit nur ein Pod-System und ein paar einfallslose Liquids mit 08/15-Aroma. Das ist jetzt kein „E-Dampf-Hersteller“ allererster Kajüte.

Wenn die wirklich Interesse an einer solchen Regulierung haben, dann kann das nur darauf hinauslaufen, dass sie eine auf ihr verk… auf ihr eingeschränktes Angebot zugeschnittene Regelung haben wollen, die ihnen die lästige Konkurrenz außerhalb der Tabakbranche vom Halse hält und vielleicht als netten Nebeneffekt noch ihre Tabaktoaster aus der Tabakrichtlinie herausrettet.

Dass sie durch ihr Sponsoring echten SCHADEN angerichtet haben, ist ihnen entweder egal, oder vielleicht passt es ihnen ja auch… keine Ahnung…

Jedenfalls ist das ein extremer Fehler an dieser EBI!

Und deshalb werde ich sie nicht zeichnen und auch nicht dafür werben, sie zu zeichnen. Das Ding ist verseucht! Schade, denn an sich ist das eine klasse Initiative, hinter der ich eigentlich stehen könnte… obwohl das BfTG mit drin steckt.

Macht was Ihr wollt… ich bin raus!

Und Vielen Dank, liebe Initiatoren, für das faule Ei das Ihr uns da gelegt habt!


Dieser Artikel wurde in der Redaktion intensiv diskutiert, weil die Einschätzung und negative Bewertung der EBI schon ein ziemlich heftiger Schritt ist. Es handelt sich um einen Kommentar von PepeCyB, also einen Meinungsbeitrag, der aus seiner persönlichen Perspektive geschrieben ist.

Insgesamt steht aber auch das Redaktionsteam hinter der Kernaussage: Die EBI hat einen enormen Makel, nämlich dass Imperial Brands, also ein Tabakmulti, die Initiative mit einer fünfstelligen Summe „unterstützt“. Diese Tatsache, und die Tatsache, dass dies nun offiziell und nicht mehr zu verheimlichen ist, hat das Potential, großen Schaden für das E-Dampfen anzurichten, weil dadurch der Eindruck entsteht, dass Big-T die treibende Kraft hinter dieser Initiative ist, was dann schnell — insbesondere durch die Gegner des E-Dampfens — für die gesamte „Bewegung“ verallgemeinert wird. Deshalb können wir keine Empfehlung geben, die EBI zu unterstützen, obwohl Gegenstand und Inhalt der Initiative durchaus in unserem Sinne sind.

2 Kommentare

  1. Schwierig. Als ich vor 1 Jahr mein erstes Dampfgerät kaufte, schwor ich mir, mich künftig nie mehr an etwas zu beteiligen, wo die Tabakindustrie in irgendeiner Form Anteil hat. Doch das war sehr naiv gedacht,wie ich schnell merkte. My von Erl, Highendsmoke, Juul…die Tabakmultis haben ihre schmutzigen Finger mittlerweile überall drin. Entkommen kann man ihnen als Dampfer nur noch, wenn man Liquids selbst mischt und keine neuen Geräte mehr kauft. Das Argument, dass das Dampfen mit der Tabakindustrie nichts zu tun hat, stimmt längst nicht mehr. Ich weiss nicht, ob ich diese Sache guten Gewissens unterstützen kann. Zum Glück ist noch Zeit. Ich werde die Entwicklung in den kommenden Monaten beobachten. Der letzte Tag ist schließlich noch früh genug.

    1. Zum Glück sind Deine Beispiele doch nicht „überall“. 😉
      Big-T hat schon länger seine eigenen Sparten mit eher „einfachen“ Dampfgeräten… und hat sich hier und da eingekauft… aber man kann sehr gut auch seiner Dampferei frönen, ohne Kontakt zu Big-T zu haben.

      Aber mal abgesehen davon… beim Schreiben des Artikels war mir das noch nicht aufgefallen… Imperial sponsert die EBI nicht nur, nein, Imperial sitzt sogar mit im Komitee.
      Schau mal hier: Na toll, die ersten Wellen erreichen die Küste >:-(

      Und es fällt schon auch außerhalb der Dampfer-Szene auf, dass das Dingen wie Tabakindustrie-Lobbyarbeit aussieht… echt nicht gut!

Kommentare sind geschlossen.