Steuern rauf fürs Dampfen! – Die gespaltene Zunge der Grünen

Die Sache klingt ganz simpel: Macht Produkte, die für Kinder nicht geeignet sind, so teuer, dass Kinder sie nicht bezahlen können. Mit dieser Begründung fordern die Grünen jetzt eine Extra-Steuer auf Dampf-Produkte.

In ihrem Antrag an den Deutschen Bundestag vom 6. Mai 2020 drängen Katrin Göring-Eckardt sowie 14 Abgeordnete und die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen darauf, dass neben der Mehrwertsteuer künftig auch eine gesonderte Steuerrichtlinie für Dampfprodukte eingeführt wird. Begründung: Dampfen sei schädlich, und die Zahl der 12- bis 17-Jährigen, die in den letzten 30 Tagen eine „E-Zigarette“ probiert haben, sei von 2012 bis 2018 auf 4,2 Prozent gestiegen.

Man darf sich wundern: Die Forderung kommt von exakt jener Partei, die 2018 mit Plakaten durch Hannover lief: „Cannabis legalisieren – wir ziehen das durch!“ („Durchziehen“ – man beachte den Sprachwitz.) – Was war denn da mit Jugendschutz?

Sicher wollen die Grünen nicht, dass Marihuana in Shops vor Schulen verkauft wird. Überhaupt nicht an Jugendliche. Es soll nur „sauberes“ Zeug sein, das die Erwachsenen käuflich erwerben dürfen, in lizenzierten Geschäften, streng reguliert. Man wolle den illegalen Handel „austrocknen“.

„E-Zigaretten“, Zubehör und Liquids sind bereits seit Langem streng reguliert. Zutritt zu Dampfer-Shops nur für Erwachsene. Versand über das Internet nur nach einer Alterssichtprüfung durch die Zusteller. Qualitätssicherung durch exakte EU-Vorgaben. „E-Zigaretten“ richten sich ausschließlich an Raucher, die aufhören wollen. Weil sie nicht zu den 120.000 Deutschen gehören wollen, die jährlich am Tabak sterben, der, anders als „E-Zigaretten“, noch rund 270 Krebserreger, Schwermetalle, Kohlenmonoxid und andere Gifte enthält. Weil „E-Zigaretten“ das wirksamste Mittel sind, der Tabak-Sucht zu entkommen. Und dabei nicht mal ein Zwanzigstel der Schädlichkeit von Zigaretten haben.

Allerdings haben Politiker es geschafft – der Antrag der Grünen beweist es – dass die Öffentlichkeit die gesundheitlichen Vorteile des Dampfens kaum noch wahrnimmt. Für rund zwei Drittel der umstiegswilligen Raucher ist eher der Preisvorteil ein Grund, den Umstieg zu versuchen. Klar ist: Steigen die Preise, steigen weniger Menschen um, es gibt wieder mehr Raucher. „Einfach so“ aufhören, das schaffen eben die wenigsten, denn Tabak enthält mehrere Suchtstoffe, nicht nur Nikotin.

Bekannt ist auch: Was Eltern tun, ist Vorbild für die Kinder. Rauchen sie, weil sie nicht aufhören können, werden die Kinder das auch mal ausprobieren und dann schnell selbst zu Rauchern werden: Höhere Preise fördern nicht den Jugendschutz, sie gefährden ihn.

Als es bei den Grünen um die Drogen ging, war von einer Sorge um die Jugend kaum die Rede. Auch nicht von einem möglichen „Gateway-Effekt“: (Etwa: Erst Cannabis, dann Crystal) und schon gar nicht von einer Besteuerung. Denn Schwarzmarkt-Drogen sollten nicht gerade billiger sein als das „saubere“ Zeug. Bei der Besteuerung von Dampf-Zubehör will man dieses Problem nicht sehen.

Die Forderung nach einer Preiserhöhung mag vielleicht ängstliche Eltern zu Grün-Wählern machen. Im Inneren zeugt sie von einer falschen Rede: einer Rede mit gespaltener Zunge.

Übrigens: Es dürfte bekannt sein, dass Cannabis nicht oft in Keksen verbacken wird. Es wird auch wohl selten gedampft. Meistens wird es geraucht. Vermischt mit Tabak.

9 Kommentare

  1. > […] Man darf sich wundern: Die Forderung kommt von exakt jener Partei, die 2018 mit Plakaten durch Hannover lief:
    > „Cannabis legalisieren – wir ziehen das durch!“ („Durchziehen“ – man beachte den Sprachwitz.) – Was war denn da
    > mit Jugendschutz? […]

    Legalisierung ist der einzig mögliche wirkliche Jugendschutz, denn nur dann ist eine Reglementierung und kontrollierte Abgabe möglich (wie derzeit bei Alkohol).

    > […] Als es bei den Grünen um die Drogen ging, war von einer Sorge um die Jugend kaum die Rede. Auch nicht
    > von einem möglichen „Gateway-Effekt“: (Etwa: Erst Cannabis, dann Crystal) […]

    Oha, da ist aber sehr viel schief gegangen, bei der Aufklärung über das Thema. Es gibt kein Cannabis -> Crystal Gateway. Genausowenig, wie es ein Dampfen -> Rauchen Gateway gibt.

    > […] Übrigens: Es dürfte bekannt sein, dass Cannabis nicht oft in Keksen verbacken wird. Es wird auch wohl selten
    > gedampft. Meistens wird es geraucht. Vermischt mit Tabak.[…]

    Wieder Blödsinn. Es gibt mittlerweile eine riesige Vielfalt an „Vaporizern“ bzw. „Kräuterverdampfern“. Ähnlich wie bei Dampfen.Und Cannabis wird sehr viel auch als Öl, Harz, usw. verarbeitet und konsumiert.

    Hier scheint wohl jemand sehr konservativ verblendet zu sein und Kiffern ihren Genuß zu vermaledeien, während ihn zeitgleich die Empörung drückt, daß „die Grünen“ das mit seinem Genussmittel auch machen wollen.

    Schade. Mehr Miteinander ist angebracht. Gegeneinander macht es immer nur für alle schlechter, während dritte sich Profite einstreichen..

    1. Man kann ja zum Kiffen stehen wie der Autor aber der meint das wohl echt anderes. Erst werden die Sachen reguliert und dann hau mal richtig dick Steuer drauf, weil? Klar die armen Kinder müssen ja dringend geschützt werden. Scheinheilig! Und die braven Bürger wie du nicken noch. Rauchen etwa weniger weil die Schachtel Kippen jetzt 6 Euronen kostet? Vielleicht bald noch ne Fett-Steuer auf Butter oder ne Farbstoff-Steuer auf Gummibärchen. Natürlich für die Gesundheit der Kinder aber eigentlich müssen wir ja jetzt Corona bezahlen, verlogen. Und hey wenn ich Dope will krieg ich das und zwar in Top Qualität. Ich brauch keine staatlichen Dope-Shops wo das Gramm dann 19,99 kostet und ich will auch nicht für Liquid 10 bezahlen müssen

      1. > […] Rauchen etwa weniger weil die Schachtel Kippen jetzt 6 Euronen kostet? […]

        Einige vielleicht, die meisten wohl nicht. Aber jeder kann sich drauf verlassen, daß die Zigaretten, die man zu kaufen bekommt, von gleichbleibender „Qualität“ sind. Muß sich also keine Sorgen machen, daß sie mit irgendwas gestreckt wurden.

        Beim Kauf von reglementiertem Alkohol muß man sich keine Sorgen machen, daß das evtl. unfachgerecht erzeugt wurde und man beim Konsumieren dadurch erblindet weil zuviel Methyl statt Ethyl drin ist.
        Und dennoch darf man selbst brennen, ist aber ein höherer Aufwand als fertig kaufen. Und man darf seine privaten Erzeugnisse nicht verkaufen.

        Wenn Alk verboten wäre (wie Cannabis), hätten wir wieder die gleichen Zustände wie zu Zeiten der Alk-Prohibition in USA: das Zeug wird richtig teuer, ist potentiell hochgiftig und alles Geld fließt nur in kriminelle Strukturen und nicht zum „Staat“ (der das Volk darstellen soll). Genau die Zustände, die man jetzt in D halt mit Cannabis hat.

        Und wenn Du Dope willst, und Deine gewünschte Sorte für 5 Euro pro Gramm bei Penny bekommst, ist das für Deine Gesundheit und Wolhbefinden erheblich besser, als wenn Du 15 Euro für womöglich mit Blei/Plastikspray gestreckten Dreck zahlst, der auch noch innen verschimmelt ist. Und über Dir ständig das Damoklesschwert des Straftatbestands schwebt, weil die Kalkmützen Dich für den Besitz am liebsten Einknasten würden.

        Dieser (jetzige) Zustand hat absolut keine Vorteile außer für repressive Staatsorgane und Kriminelle und schadet damit der Gesellschaft erheblich.

        1. Aber jeder kann sich drauf verlassen, daß die Zigaretten, die man zu kaufen bekommt, von gleichbleibender „Qualität“ sind.

          Beim Kauf von reglementiertem Alkohol muß man sich keine Sorgen machen, daß

          Die Qualität ist aber nicht gesichert, weil die Produkte be-steu-ert werden, sondern weil sie legal und reguliert sind. So, wie die Qualität von E-Dampf-Produkten ebenfalls gesichert ist, weil der Kram legal und reguliert ist.

          Es geht im Artikel um Steuern und darum, dass die Grünen in ihrem Antrag mit der Begründung „Jugendschutz“ kommen (den wir eh schon haben… auch ohne Extra-Steuern) und die Notwendigkeit mit einer vermeintlichen Gesundheitsgefahr begründen, die sie mit einem längst überholten und ohnehin seinerzeit (2012) schon fragwürdigen Hinweis des BfR „belegen“.

          Steuern ändern nichts an einer vorhandenen oder nicht vorhandenen Gefährlichkeit und schützen auch nicht die Jugend. Die wird durch das Jugendschutzgesetz geschützt. Wenn die Einhaltung dieses Gesetzes nicht nach den wünschen der Regierung funktioniert, dann müssen SIE mit neuen Konzepten der Überwachung dafür sorgen, dass das Gesetz eingehalten wird, und nicht die Bürger mit einem Griff in deren Tasche in ihrem Sinne „erziehen“.

          Der Verweis auf „legalize it“ war nur ein Beispiel für die doppelten Maßstäbe der Verbotspartei, aber nicht Thema des Artikels und THC ist auch nicht Tehma dieses Magazins.

          1. > […] „Cannabis legalisieren – wir ziehen das durch!“ („Durchziehen“ – man beachte den Sprachwitz.) –
            > Was war denn da mit Jugendschutz? […]

            Das impliziert, daß Cannabislegalisierung eben genau das Gegenteil von Jugendschutz sei. Um wohl damit zu verstärken, daß es den Grünen ja gar nicht um Jugendschutz ginge bzw. gehen könne.

            Und daß Legalisierung irgendwie dem Jugendschutz widerspräche ist nun mal völliger Blödsinn, das Gegenteil ist der Fall. Legalisierung ist der einzig mögliche Weg zu wirksamen Jugendschutz. Und nicht nur Jugendschutz, überhaupt Verbraucherschutz.

            Daß Politiker sich mal wieder randgruppendiskriminierende Feigenblattargumente zur Steuererhöhungen zu eigen machen, ist natürlich dennoch empörenswert und gehört kritisiert.

  2. Liebe Paddy,
    danke für den guten Kommentar. Es geht aber gar nicht um die Frage, ob man für oder gegen Cannabis ist. Es geht um die Frage, wie heuchlerisch es ist, unter dem Deckmantel des Jugendschutzes eine Steuer zu fordern für ein Produkt, das erwiesenermaßen die Jugend NICHT gefährdet. Und dabei geflissentlich übersieht, dass ebendiese Steuer zu gesundheitlichen Risiken führen wird, wenn nämlich Raucher gar nicht mehr umsteigen wollen, weil es preislich dann das Gleiche ist wie mit den Zigaretten.

    Was an dem Gesetzesantrag so ärgerlich ist, ist die Verlogenheit. In Wahrheit bringt eine Dampf-Steuer für den Jugendschutz gar nichts (eher bringt es den Grünen Punkte in Sachen Koalitionsfähigkeit). Das Schlimme ist: Dieser Gesetzesantrag signalisiert durch seine Begründung „Jugendschutz“ einmal mehr, dass Dampfen gefährlich sei. Bei den Bürgern kommt das so an: Wenn jetzt selbst die Grünen, die sogar für die Freigabe von Drogen sind, das Dampfen für eine gefährliche Sache halten, dann muss da ja wohl was dran sein…

    Viele Grüße
    – dubito

    1. Naja, das Politiker und Wirtschaftslenker verlogene Heuchler sind, ist ja nichts Neues. Und nur durch die Existenz einer Reglementierung ist ein Feld nicht vor dem Mißbrauch durch solche Leute geschützt. Da hilft am Ende wohl nur breite Aufklärung, um den Heuchlern das Heucheln zu erschweren.

      Auf andere Randgruppen zu zeigen und zu rufen „das was die machen ist viiiiiiiiiel schlimmer also laßt uns in Ruhe und räumt erstmal da auf“, um so auf die Ungerechtheit hinzuweisen, bringt leider nur weitere Teilung und weitere Verfestigung sachlich völlig falscher Vorurteile. Gegen Mitbetroffene treten, um selbst besser darzustehen schadet am Ende auch der eigenen Gruppe.

      Transparente Aufklärung über reale Gefahren/Effekte/Vorteile ist das einzige, was dauerhaft allen hilft (außer den Repressionsfans und den Kriminellen).

      Beste Grüße 🙂

      Paddy

  3. Mit Steuern könnte ich leben, mit dem Bashing hier jedoch nicht:

    OK, die Grünen sprechen das Thema direkt an: Eine risikobasierte Besteuerung. Dazu kann man/frau eine Meinung haben. Nein, ich finde das auch nicht cool, aber so ist das eben mit ungesundem Luxus…

    ABER: Die Steuer kommt 2022 sowieso mit 2c/mg, und 2024 mit 4c/mg UND daran sind jetzt eben nicht die Grünen schuld, sondern eben die, die sich jetzt auch schon die Taschen vollmachen mit mit dubiosen Maskenschiebereien – CDU/CSU/SPD.

    1. Das ist kein Bashing, das ist Kritik an unterschiedlichen Maßstäben bei ein und derselben Partei. Dass die nun keine Aktie an der aktuellen Steuer haben, ist klar und liegt daran, dass sie nicht an der Regierung beteiligt sind… nicht daran, dass sie eine vernünftige Einstellung zum Dampfen haben.

      Die Steuer kommt übrigens nicht mit 2 oder 4 Cent pro mg, sondern mit 16 bis letztlich 32 Cent pro ml Flüssigkeit (egal ob mit oder ohne Nikotin). Und einen Nachweis über eine Schädlichkeit gibt es bislang nicht… wo ist das Dampfen denn nun ungesund?

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