Nikotinsteuer: Es geht nicht um die Kinder, hier geht es nur noch ums Geld

Sie haben die Tabak-Konzerne verdammt, die Werbung verboten. Und immer wieder hieß es: Dampfen sei nicht besser als das Rauchen. Man müsse „die Kinder beschützen“.

Jetzt reißt der blaue Himmel auf, und dahinter brennt die Luft. Die Bundesregierung plant ein Gesetz, das genau das Gegenteil dessen bewirkt, was immer so scheinheilig proklamiert wurde. Geschützt wird die Tabak-Lobby, damit weiter die Tabaksteuer fließt. Raucher werden allein gelassen. Um junge Menschen geht es nicht. Es geht nur ums Geld. Und selbst da wird sich Finazminister Olaf Scholz trefflich verrechnen.

In Kürze soll der Bundestag über das „Gesetz zur Modernisierung des Tabaksteuergesetzes“ entscheiden, der Referenten-Entwurf (PDF) liegt vor. Der Plan: Die Steuer auf Zigaretten und Drehtabak steigt leicht, Heat-Not-Burn-Produkte werden wie Zigaretten behandelt, aber die Preise für Nikotin-Liquids vervielfachen sich.

Die neue Steuer:

2 Cent pro Milligramm Nikotin ab 1. Juli 2022.
4 Cent pro Milligramm ab Januar 2024.

Ein Longfill (60 ml) mit 6 mg/ml Nikotin enthält 360 mg Nikotin kostet nächstes Jahr mindestens
7,20 Euro mehr und ab 2024 werden 14,40 Euro aufgeschlagen.
MTL-Freunde zahlen auf ein Longfill mit 12 ml/mg (insgesamt 720 mg Nikotin) einen Aufschlag von rund 29 Euro, für die 60 ml-Flasche insgesamt also um die 40 Euro.

Wohlgemerkt, in dieser Rechnung geht es nur um die Steuer. Auf Hersteller und Händler kommen durch die Umstellung (neue Genehmigungen u. a.) weitere Belastungen zu, die sie an die Kunden weitergeben müssen.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Die Gesamtbelastung für die Wirtschaft stellt sich wie folgt dar:

Es entsteht für die betroffenen Wirtschaftsbeteiligten ein einmaliger Erfüllungsaufwand in Höhe von 10 000 Euro, der durch die Neubeantragung von Erlaubnissen bzw. die Erfüllung von Anzeigepflichten entsteht.

Des Weiteren ist durch notwendige Anpassungen in den Betrieben (Umstellungs- oder Anschaffungskosten) und der betrieblichen Anlagen in Bezug auf die neuen Steuerzeichen für nikotinhaltige Substanzen mit einem einmaligen Mehraufwand in Höhe von 120 000 Euro zu rechnen.

Daraus ergibt sich ein einmaliger Mehraufwand von insgesamt 130 000 Euro.

Daneben entstehen den Wirtschaftsbeteiligten durch die zusätzlich abzugebenden Steueranmeldungen für Steuerzeichen jährliche Mehraufwände in Höhe von 244 000 Euro.

Gleichzeitig werden die Zigaretten jährlich um acht Cent teurer – pro 20er-Packung. Bei Feinschnitt-Drehtabak steigt die Steuer um 15,7 Cent. In drei Jahren kostet das beispielhaft genannte MTL-Longfill etwa das Siebenfache von Shisha-Tabak oder Discounter-Feinschnitt (es reicht aber nur etwa dreimal so lange).

Ein Gesetz in Absprache mit der angeblich so verhassten Tabak-Industrie, darauf wies SPIEGEL Online kürzlich hin:

„Auch die Tabakindustrie ist bei der Erhöhung mit an Bord. Von der Stufenlösung erhofft sie sich, dass sich ihre Kunden an die moderat steigenden Preise gewöhnen und nicht sofort mit dem Rauchen aufhören.“
Es geht ums Geld, auch um die Kosten durch die wegen Corona zwangsgeschlossenen Firmen.

Das sind die Folgen für uns:

  1. Die Dampfer der ersten Generation haben den Keller voller Bunker-Base, für sie ändert sich nichts.
  2. Die Dampfer der letzten Jahre (Umstieg seit ab 2016) werden bis noch Juli 2021 versuchen zu hamstern, so gut das eben geht. Danach wird’s extrem teuer.
  3. Der Handel wird stark einbrechen, denn Liquids, Short- und Longfills, sind das Brot- und Butter-Geschäft. In Gefahr sind etwa 20 000 Arbeitsplätze in zumeist kleinen Unternehmen. Machen Händler dicht, sinkt auch das Angebot an Aromen, Verdampfern, Akkuträgern.
  4. Die heutigen Raucher werden ihre Umstiegs-Überlegungen begraben. Preislich bringt es nichts mehr. Und gesundheitlich – das haben ihnen die Pressemeldungen der vergangenen Jahre suggeriert – sei es „ja auch nicht viel besser“.

Die Raucher-Zahlen werden wieder steigen. Und es werden besonders die jungen und wenig vermögenden Neu-Dampfer sein, die wieder zum Tabak zurückkehren. Während „die Kinderlein“, die man schützen will, wieder, wie zu alten Zeiten, heimlich Shisha oder ihre filterlosen Selbstgedrehten rauchen. Und nicht mehr vom Tabak loskommen.

Auch, wenn die Wissenschaft sich offiziell immer noch ziert, die „E-Zigarette“ als Entwöhnungsmittel vorzuschlagen, ist man sich heute in zwei Dingen weitgehend einig: Rauchen ist um ein Vielfaches gefährlicher als Dampfen – Krebs, COPD, tödliche Herz-Kreislauf-Erkrankungen; beim Dampfen kein Thema. Und: Dampfen wird als Mittel zum Umstieg als wirksam erkannt! Darüber diskutierten erst Anfang Februar Prof. Dr. Ute Mons vom Herzzentrum der Uniklinik Köln, Chemikerin Dr. Elke Pieper vom BfR, Psychiater Dr. Tobias Rüther von der Tabakambulanz Uni München und der Berliner Pneumologe Dr. Thomas Hering beim 2. Karlsruher Gesundheitsgespräch (YouTube) ausgiebig.

Bei den Einnahmen wird sich die Regierung erst recht verrechnen. Sie erwartet, dass die Zahl der Dampfer bis 2026 von momentan etwa 2,5 Millionen auf 4,1 Millionen steigt und die Steuereinnahmen im Jahr 2026 bei 896 Mio. Euro liegen.

Schwer begreiflich, woher dieser Optimismus rührt. Dies würde eine stärkere Umsatz-Steigerung voraussetzen, als der Handel sie in den besten Jahren – ohne Nikotinsteuer! – gesehen hat. Zudem ist der Branchenumsatz bereits seit 2018 wieder stark rückläufig: 2019 wies der Handel laut VdeH einen Gesamtumsatz von nur noch rund 480 Mio. Euro aus.

Minister Scholz begründet seinen Vorstoß u. a. mit „Steuergerechtigkeit“. Tabak und Liquid sollen ähnlich viel kosten. „Gerechtigkeit“ klingt zynisch vor dem Hintergrund, dass nach wie vor jährlich 121.000 Menschen (BZgA) am Tabakrauch sterben, weil sie in jungen Jahren zu rauchen begannen – und er ihnen nun eine wichtige – und anerkannte – Chance zum Ausstieg nimmt.

3 Kommentare

  1. Es geht wie immer nur ums Geld. Die Gesundheit der Menschen ist shit-egal, eher umgekehrt. Es verdienen soooo viele an der Krankheit von Menschen. Und so lange wir weiterhin CDU/SPD/Grüne wählen, wird sich daran auch nichts ändern. Ach ja, die AFD ist auch nicht besser.

  2. Es ging nie um die Kinder, bzw. die Jugendlichen. Als ich im Jugendalter war, ist es auch ein leichtes gewesen, an Zigaretten zu kommen. Und heute? Die Gesetze haben sich zwar geändert und wurden verschärft, hält aber Jugendliche nicht davon ab, zu rauchen wenn sie das möchten. Mag sein das der Anteil der rauchenden Jungen Leute zurückgegangen ist, aber schaut man sich mal genau um, wie viele Jugendliche noch mit Zigarette anzutreffen sind, dann fragt man sich, wie kann das sein?

    Das angebliche „schützen“ von Jugendlichen vor der „E-Zigarette“ ist verlogen und heuchlerisch zugleich. Noch dazu wenn die Politik behauptet das dies den Weg ebenen würde zur E-Zigarette. Einfach nur lächerlich und grotesk. Blickt man mal zurück, weit zurück… die ersten Verbotsversuche von Tabak gab es schon im 16. und 17. Jahrhundert. Quelle Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_des_Tabakkonsums

    Rauchkulturen in der Zeit des Ersten Weltkriegs: Quelle:https://www.deutschlandfunk.de/zigaretten-rauchkulturen-in-der-zeit-des-ersten-weltkriegs.1148.de.html?dram:article_id=305310

    Wer heute versucht die E-Zigarette zu verteufeln, oder schlecht zu reden sollte sich erst mal mit der Geschichte des Tabaks befassen. Tabak rauchen hat sich über Jahrhunderte etabliert, eine der größten Steuereinnahmequellen die es gibt. Folglich wird Tabak, egal in welcher Form immer einen ausgesprochenen guten Stellenwert haben. Die Politik weiß das, in vielen Ländern ist Tabakanbau weiterhin eins der größten Einnahmequellen und wird es auch bleiben. Knapp 50 Millionen Inder arbeiten in Indiens Tabakindustrie. Nur ein Beispiel von vielen. Und das Tabakkonsum tötet, weis man auch, interessiert aber keinen mehr. Wenn interessieren schon 8 Millionen Tote?
    https://www.tagesschau.de/ausland/rauchen-tod-who-101.html

    Deswegen musste jetzt eine Steuer her, für alles flüssige für die E-Dampfe. Man versucht mit absurden und horrenden Steuererhöhungen dem E-Dampfen den Garaus zu machen. Es ist denen ein gewaltiges Dorn im Auge. Und ich bin mir ziemlich sicher, das viele die erst mit dem E-Dampfen angefangen haben, wieder zum Tabak greifen werden. Da man hier zwar auch die Steuer erhöht, aber in winzigen schritten, häppchenweise, oder auch Salamitaktik genannt. Das hat System und hat bis jetzt immer Prima funktioniert. Ein gewisser „harter Kern“ von E-Dampf Konsumenten wird sich nicht einschüchtern lassen, weil die wissen wie, was, geht. Wir haben in etwa 3,6 Millionen Menschen in Deutschland die „dampfen“ im Gegensatz zu dem Anteil derjenigen die Tabak konsumieren. Etwa 30% der Deutschen rauchen. Wie das ausgeht im Bezug zur neuen E-Dampf Steuer, kann man sich jetzt ausmalen, spekulieren oder gar einfach nur ignorieren.

    Wie leicht Jugendliche an Zigaretten kommen können, kann man mit Hilfe einer Suchmaschine recht schnell herausfinden. Auch in 2021 ist das für die jungen Leute keine allzu große Hürde…

    Es ging nie um die Kinder und Jugendlichen, NIE! Money, Money, Money….

    Bombus

  3. Vielleicht merken es die Dampfer unter uns erst mit der absurden ‚Dampfsteuer‘, dass wir hier kaputtregiert werden. Nehmet dies bitte englich zum Anlass, gründlich darüber nachzudenken, wo auch sonst Policien durchgedrückt werden, die man nur von einem Feind erwarten dürfte.

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