Liquidsteuer (1): Was wird uns am Ende übrig bleiben?

Juli 2022. Es ist soweit. Das sogenannte Tabaksteuermodernisierungsgesetz greift.

Während Zigaretten um ein paar Cent pro Schachtel teurer werden, steigt der Preis für E-Flüssigkeiten im ersten Schritt um 16 Cent pro Milliliter, zuzüglich der (bereits seit jeher geltenden) Mehrwertsteuer. Liquids, Basen und Aromen werden teurer – egal, ob sie Nikotin enthalten oder nicht. Nach weiteren Steigerungen in den kommenden Jahren beträgt der Steueranteil ab Januar 2026 dann 32 Cent.

Hier noch einmal der Zeitplan – wohlgemerkt, die MwSt. kommt noch drauf:

16 Cent Liquidsteuer pro Milliliter ab diesem Monat
20 Cent Liquidsteuer
pro Milliliter ab 01.01.2024
24 Cent Liquidsteuer
pro Milliliter ab 01.01.2025
32 Cent Liquidsteuer
pro Milliliter ab 01.01.2026

Eine Literflasche Base, die bislang für etwa zehn Euro zu haben war, kostet demnächst rund 200 Euro und verteuert sich ab 2026 auf 400 Euro … rein theoretisch, denn es ist zu bezweifeln, dass solche Preise akzeptiert werden, und die Händler werden das Produkt so wahrscheinlich schon viel früher nicht mehr anbieten.

Momentan spüren wir allerdings noch nicht viel von der neuen Steuer. Grund: Was der Handel vor dem 1. Juli eingekauft hat, darf er bis zum 13. Februar 2023 zum alten Preis anbieten. Viele Händler haben deshalb Flüssigkeiten gebunkert – so viele, dass Händler in der Schweiz, die diese Steuer nicht einführt, mitunter Nachschub-Probleme hatten. Als Nächstes werden die Hamster-Dampfer diese Vorräte vereinnahmen, und es ist fraglich, wie lange der Vorrat reicht.

Die alten dampfenden Hasen haben längst vorgesorgt. Besonders kritisch: Nikotin, das wurde literweise gebunkert.. VG und PG lassen sich im Industrie-Handel kaufen, dort gilt die Steuer nicht. Aromen gibt’s auch künftig noch liquidsteuerfrei in Form von Lebensmittel-Aromen. Damit sind wir Selbstmischer mit unseren Flüssigkeiten einigermaßen klar.

Doch die Steuer hat drastische Auswirkungen auf den Handel. Wovon werden die Shoüs leben, wenn ihnen das Brot-und-Butter-Geschäft wegbricht? In eineinhalb Jahren wird ein 100 ml Longfill angemischt zwischen 35 und 40 Euro kosten. Wer wird das kaufen? Und: Wer wird dann noch vom Rauchen umsteigen?

Mehrere Szenarien sind denkbar:

1. Die Shops verkaufen wieder vermehrt Fertigliquids – bei den kleinen Flaschen tut der Preis nicht so weh.
Der Preis für 10 ml steigt im ersten Schritt auf 6 bis 8 Euro und zum Schluss auf 10 bis 12 Euro. Diese Preise werden sich vermutlich noch knapp etablieren lassen: Bei den Wenig-Dampfern, bei den Dampfern, die nicht aufs Geld schauen müssen. Die Fraktion der Selbstmischer bricht als Kundschaft weg.

2. Die Shops verkaufen zunehmend sogenannte „Disposibles“. Fertig befüllte „E-Zigaretten“ mit fest verbautem Mini-Akku, die, wenn sie leer sind, einfach weggeworfen werden. So ein Ding kostet sieben bis acht Euro und verspricht 800 Züge – das soll suggerieren, dass man in der Reichweite in etwa gleichauf mit Filterzigaretten liegt. Es ist davon auszugehen, dass der Geräteschrott selten ordnungsgemäß im Recyclinghof abgegeben wird. Und selbst wenn, ist nicht davon auszugehen, dass die Akkus wirklich recycelt werden. Es ist damit schlicht eine gigantische Umwelt-Sauerei.

3. Die Shops müssen den Schwerpunkt ihres Geschäfts auf die Hardware verlagern. Nur: Wie oft kaufen wir einen neuen Verdampfer, einen Akkuträger? Fünfmal, zehnmal, fünfzehnmal – im Leben? Die Stamm-Dampfer haben längst ihre Geräte im Schrank. Die Steuer wird kaum noch Neuzugänge in die Szene treiben. Jeder Umsteiger wird sich genau überlegen, so viel Geld auszugeben für eine unbekannte Sache, von der er noch gar nicht weiß, ob das überhaupt „was für ihn ist“.

4. Die Hardware-Preise könnten steigen. Das ist nicht einfach. Einstiegs-Dampfen haben einen Preisrahmen von 20 bis 30 Euro. Fertigkopf-Verdampfer sollten auch nicht allzu teuer werden, denn gerade deren Verkauf generiert die dauerhafte Nachfrage nach Verdampferköpfen. Nur Liebhaber-Objekte werden von Kunden gekauft, denen es nicht so sehr darauf ankommt – ob der Verdampfer aus Schweden, Deutschland oder der Schweiz nun 120 oder 140 Euro kostet, macht den Kohl nicht mehr fett. Das gilt entsprechend für High-End-Akkuträger.

Und letztlich: Viele Shops müssen schließen. Unsere schlimmste Befürchtung. Weniger Wettbewerb steigert nicht nur die Preise, auch die Verfügbarkeit der Waren nimmt schließlich ab.

Was ist zu tun?

Bunkern, solange es geht – das wurde schon gesagt. Geräte wählen, bei denen man halbwegs sicher sein können, dass man auch in ein paar Monaten noch Ersatzteile bekommt. Das sind gewohnheitsgemäß nicht jene Firmen, die in der Vergangenheit fast zweimal jährlich ein neues Modell präsentiert haben. Es geht vielmehr Modelle, die heute noch so ähnlich angeboten werden wie bei der Markteinführung vor ein paar Jahren. Und ansonsten: Nach alternativen Quellen Ausschau halten – mehr dazu im zweiten Teil.

Dies ist die Lage, wie sie uns Dampfer betrifft. Welche gesundheitspolitischen Folgen die Liquidsteuer hat, ist dagegen kaum abschätzbar. Dies spiegelt sich inzwischen auch in der Presse wider (leider erst lange, nachdem das Kind in den Brunnen gefallen ist). Beispielsweise in einem ein Artikel der Berliner Zeitung, der außerdem verdeutlicht, welche Verbindungen zwischen Tabak-Industrie und Politik (namentlich der SPD) uns dieses Desaster beschert haben.

11 Kommentare

  1. „Dies spiegelt sich inzwischen auch in der Presse wider (leider erst lange, nachdem das Kind in den Brunnen gefallen ist). Beispielsweise in einem ein Artikel der Berliner Zeitung, der außerdem verdeutlicht, welche Verbindungen zwischen Tabak-Industrie und Politik (namentlich der SPD) uns dieses Desaster beschert haben. “

    Jepp, 👍 Genau so ist das… Jetzt auf einmal kriechen sie aus ihren Löchern und fangen langsam an auch mal Positives zu schreiben über das E-Dampfen. Aber jetzt meine lieben Mainstream-Journalisten-Fuzzies ist es zu spät. Ihr hättet damit schon viel früher anfangen sollen. Ihr habt eure Arbeit nicht gemacht, bzw. schlampig abgeliefert! Ihr habt genau das gemacht was alle anderen auch taten. Nur Negativschlagzeilen zur E-Zigarette/E-Dampfe in jedweder Form von allen Seiten übernommen und einfach weiter verbreitet ohne sich auch nur ansatzweise ernsthaft mit dem Thema auseinander zu setzen und neutral zu berichten.

    Sorgfaltspflicht! – „Pressekodex“
    https://www.presserat.de/pressekodex.html

    Daraus besonders Ziffer-2
    Aber auch alles andere aus dem Pressekodex sollten sich die Journalisten des Mainstreams noch mal in Ruhe selbst zu Gemüte führen. Könnte nicht schaden….

    „Verbindungen zwischen Tabak-Industrie und Politik (namentlich der SPD) uns dieses Desaster beschert haben.“

    Ja, dazu würde ich jetzt gerne was schreiben, es juckt gerade zu in den Fingern was zu dieser Aussage zu schreiben. Dennoch halte ich inne, da man nie weiß in weit man noch gehen/schreiben kann in einer klar erkennbaren kommenden Diktatur, die sich in großen Schritten anbahnt…. Denn von der Demokratie entfernt sich besonders Dummland immer weiter….

    Bombus

  2. Es ist aber nicht in erster Linie die Presse.
    Hätte sich damals nur ein wirklich renommierter Lungenarzt hingestellt und gesagt, dass das Dampfen Chancen eröffnet, die es bislang nicht hab, hätte die Presse das mit Sicherheit transportiert. Nur, den hab es nicht. Hering kennt man nicht. Mayer glaubt man nicht (weil er selbst dampft)
    Und alles, was neu ist, ist bin Natur aus verdächtig. Damals z.B. die Mikrowellen, dann die Handys, momentan die E-Autos (angeblich gefährdet durch Marder-Bisse, angeblich brennen sie… Letzteres kennen wir von den Vorteilen gehen die ATl

  3. „Hätte sich damals nur ein wirklich renommierter Lungenarzt hingestellt und gesagt, dass das Dampfen Chancen eröffnet, die es bislang nicht hab, hätte die Presse das mit Sicherheit transportiert.“

    Korrekt, das wäre in der tat sicherlich eine gute Sache gewesen. Obwohl ich das eher anzweifle hätte es auch nur ein einziger auf den Tisch gebracht. Ärzte geben sich ja bei solchen Dingen eher bedeckt. Frei nach dem Motto: Es kann nicht sein, was nicht sein darf…. 😉

    Bombus

  4. Ich hab da mal ein bisschen recherchiert. 😉
    Interessant ist jedenfalls, da schreibt der eine vom anderen ab. Lesezeit auf allen 3 Seiten gerade mal 2-4 Minuten.
    Es ist zum 😩….

    Drei unterschiedliche Seiten und auf allen dreien steht der gleiche Bullshit. Abkupfern und das ohne Reue. Und die übrige Mainstream-presse macht dann was genau? Das wissen wir ja zur genüge.

    https://lungenarzt-saarland.de/index.php/aktuelles/68-e-zigarette-stellungnahme
    https://lungenarzt-saarland.de/index.php/aktuelles/68-e-zigarette-stellungnahme
    https://healthcare-in-europe.com/de/news/rauchstopp-lungenaerzte-warnen-vor-e-zigaretten.html

    Und es zieht sich durch wie eine rote Schnur. Lungenärzte warnen, Ärzte warnen, usw.usw. 😡

    Und solche Sachen wie das hier: http://www.vapoteurs.net/de/Gesundheit-Lungen-ne-umfasst-Verdacht-around-e-Zigarette/

    gehen schlicht und ergreifend einfach unter.

    Fakt ist jedenfalls?
    Das Ziel ist so gut wie erreicht mit der neuen absurden Liquidesteuer. Es wird unbezahlbar werden. Zurück zur Tabakzigarette? Wahrscheinlich für einige schon. Leute die rauchen dazu zu bewegen umzusteigen auf die E-Dampfe? Ist das noch möglich?

    Allen E-Dampfern eine gute Zeit
    Bombus

  5. Ich würde gerne der im Artikel genannte Satz mal aufgreifen:
    „Doch die Steuer hat drastische Auswirkungen auf den Handel. Wovon werden die Shops leben, wenn ihnen das Brot-und-Butter-Geschäft wegbricht?“
    Ich frage Euch ; -was würde passieren wenn jetzt ein Shop eröffnet der ungefähr so aussieht:

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    Es wäre doch schön wenn wir alle mal wegkommen von den chemischen Raumdüften in Ihren Kunstoffverpackungen, oder ? 🤔

  6. Danke für’s Kompliment.
    Stellt sich nur die Frage , ob Steur-und Zolltechnisch so ein Shop „clean“ ist.

      1. Ok. Nehmen wir mal an, der Shop verkauft
        – keine Hardware und kein geringsten Hinweis daruf,das man das Raumaroma anderweitig nutzen kann/könnte.
        Jetzt Verkauf der Shop 6 Monate lang Unmengen an Glycerin und Aroma.Tabaksteuerbefreit.

        Nun kommt Gewerbekontrolle. Jetzt wird unterstellt, das die Kunden das Raumaroma zweckentfremden.
        Wer muß jetzt im Knast ? 😎

        1. Keiner!

          Die Formulierung „tabaksteuerbefreit“ ist an sich schon falsch, denn die verkaufen nix, was mit Tabaksteuer zu belegen wäre… und deshalb muss da auch nix befreit werden. Die müssen nicht einmal darauf hinweisen, dass man das nicht zum Dampfen benutzen darf. Die Haushaltswarenabteilung muss ja auch nicht an die Küchenmesser dranschreiben, dass man die nicht zum Morden benutzen darf. 😉

          Und den Kunden müsste man konkret nachweisen, dass sie die Zutaten zu Mischen und Konsumieren genutzt haben.

  7. meiner Meinung nach hätten hier mal die Krankenkassen Stellung beziehen müssen die ja dann die Kosten wieder haben, wenn man zur Pyro zurück kommt.
    So ein billiges Entwöhnungsprogramm von Nikotin kann kein Gesundheitsminister präsentieren.
    Aber dank der Raffgier der Politiker sollen wir alle wieder mit Teer in der Lunge rum laufen.

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