Abgerechnet wird am Schluss

Die Empfehlungen der Ausschüsse des Bundesrates zum Tabaksteuermodernisierungsgesetz (TabStMoG) sind raus. Und es wird allgemein „bejubelt“, dass der Haushaltsausschuss die Nikotin-im-Liquid-Steuer für überzogen, die erwarteten Einnahmen für massiv überzogen und die Branche inklusive zahlreicher Arbeitsplätze für gefährdet hält.

Klar ist das eine positive Nachricht. Man sollte nur nicht zu große Hoffnungen auf diese Empfehlung setzen. Fakt ist, dass das Gesetz nicht zustimmungspflichtig ist, also der Bundesrat nicht zustimmen muss. Die Entscheidung fällt einzig und allein im Bundestag. Dort wird es verabschiedet oder eben nicht. Verabschiedet wird es mit einer Mehrheit, welche die Regierungskoalition inne hat. Und aus dieser Regierungskoalition rekrutiert sich das Bundeskabinett (Bundeskanzler und die Bundesminister). Das Bundeskabinett hat den Gesetzentwurf am 24. März durchgewunken. Die dazu angeforderten und eingereichten Stellungnahmen aus Ressorts und Branchen wurden nicht besprochen und die Sache lief auch ohne Aussprache.

Nun ist es leider so, dass Gesetzesvorschläge aus dem Bundeskabinett von den Fraktionen der Regierungskoalition in der Regel nicht aufgehalten werden. Die Fraktionsführung stellt sich fast immer hinter den Vorschlag aus dem Kabinett und dann gibt es noch die sogenannte „Fraktionsdisziplin“ (auch Fraktionszwang genannt). Die gibt es nicht offiziell (weil sie verfassungswidrig ist), sondern als ungeschriebenen Verhaltenskodex. Von den Fraktionsmitgliedern wird schlicht erwartet, dass sie so abstimmen, wie es die Fraktionsführung festlegt. Keiner sollte von dieser Linie abweichen (kommt vereinzelt vor… solche verfassungstreuen Abgeordneten werden als „Abweichler“ geschmäht). Das bedeutet, dass Gesetze beinahe immer durchgehen. Das wird fast nie knapp, denn die Abgeordneten der Regierungsfraktionen stimmen beinahe ausschließlich dafür.

Also… das Kabinett hat das Gesetz vorgeschlagen und den Gesetzesentwurf verabschiedet. Vom Bundesrat kam aus EINEM Ausschuss Kritik, auf die sie aber eh nicht hören müssen. Die Fraktionsführungen sind in der Regel auf Linie des Kabinetts und die Abgeordneten folgen dieser Linie.

Es ist zwar wirklich schön, zu hören, dass zumindest der Finanzausschuss die fiskalpolitischen Fehler im Gesetzentwurf erkannt hat und diese Mängel rügt, aber das Gewicht dieser Rüge ist nicht sonderlich groß. Sollte die Steuer nicht den gewünschten Ertrag bringen, ist das kein großer Beinbruch. Der Erfüllungsaufwand für die Verwaltung (also die für den Staat entstehenden Kosten) sind nicht so hoch, dass sofort mit einer Nullnummer oder gar Verlusten zu rechnen wäre. Der Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft geht den Regierenden am Arsch vorbei (ist ja eh eine „böse“ Branche) und der mögliche Verlust von Arbeitsplätzen hat in den letzten Jahren auch kein Gesetz aufgehalten (die Dimensionen für die recht kleine Branche ist lächerlich im Vergleich z.B. zu den Arbeitsplatzverlusten, die die Kohleindustrie oder die Automobilindustrie wegen anderer Gesetze hinnehmen müssen, was diese auch nicht verhindert).

Gewichtiger wären Einwände aus gesundheitspolitischer Sicht gewesen. Wenn der Gesundheitsausschuss die negativen Auswirkungen für die „Volksgesundheit“ bemängelt hätte, wäre das schon eher ein Argument gewesen, was die Abgeordneten hätte erreichen können.

Doch vom Gesundheitsausschuss kam NIX!

DAS ist in meinen Augen der echte Skandal und ein herber Rückschlag für das Dampfen. Wenn der Gesundheitsausschuss nicht bemängelt und keine Empfehlungen ausspricht, dann ist er der Meinung, der Entwurf ist vollkommen ok so wie er ist. Und der Schwerpunkt der Nikotin-im-Liquid-Steuer ist (das kann man der Begründung so entnehmen) die Lenkungswirkung. Es ist ganz klar eine Lenkungssteuer. Der Staat will uns über unser Portemonnaie dazu erziehen, nicht zu dampfen. Weil… ja, äh, weil Dampfen doch quasi so gesundheitsschädlich ist, wie das Rauchen.

Und das zeigt ganz klar, dass wir uns auf die Gesundheitspolitik nicht verlassen können. Die Verantwortlichen sind ANTZ. Punkt. Aus. Ende.

Dass vom Finanzausschuss nichts kam, war zu erwarten. Bei den Worten „Steuer“ und „Steuereinnahmen“ bzw. „Steuermehreinnahmen“ schaltet das Hirn auf Leerlauf.

Sicherlich ist es notwendig, auch weiterhin zu versuchen, die Katastrophe noch zu verhindern. Aber die Hoffnung schwindet. Abgerechnet wird am Schluss… wenn das Gesetz nämlich in die zweite und dritte Lesung geht und dann (taktisch klug) zusammen mit etlichen anderen Gesetzen im Akkord abgestimmt wird.

Dass ich daran nicht verzweifle, verdanke ich der Weisheit von Terry Pratchett… denn „Die Chance ist eins zu einer Million, aber es könnte klappen!“ (Zitat aus Wachen! Wachen!)